Meine Mutterwege

Meine Mutterwege

Gerade ist es mal ruhig um mich herum…

… manchmal erledigt es sich ja erst, wenn man bewusst beschlossen hat jetzt mal nur für sich zu sorgen. Das Maß ist voll, die Stimmung am Boden, die Energie verbraucht… alles stehen und liegen zu lassen – die dreckige Küche, das Chaos im Wohnzimmer, die piepende Waschmaschine, die endlich ausgeräumt werden will.
… manchmal, wie durch Geisterhand, nimmt die Umwelt dann wieder wahr, dass Mama auch noch da ist und Pause braucht. Das schräge und leider ja schon so oft erkannte Phänomen ist, dass ich es als Mama selber manchmal gar nicht mehr merke, dass auch ich Wünsche, Träume und Bedürfnisse habe, die ich nicht alle immer nur vor mir herschieben und Beiseite räumen will, um den Alltag zu schmeißen.

Gerade sitze ich hier in der Küche…

… der Geschirrspüler ist zumindest halb eingeräumt, die Tür steht offen, die Malstifte der Kinder liegen neben mir verstreut auf dem Boden verteilt. Fliegen, die sich trotz Insektenschutzgitter einen Weg ins Haus gesucht haben, nerven mich, weil sie ständig meinen auf meinen Beinen landen zu müssen. Der Hund entspannt sich mit seinem dickem Wollfell in der hochstehenden Sonne – Müsste ich nicht auch ihn gerade wieder aus der Sonne holen, weil er droht zu überhitzen? – Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr! Kann nicht jeder mal ein Stück weit auf sich selber aufpassen, damit auch ich mal wieder auf mich aufpassen kann?

An unserer Futterstelle tummeln sich die Vögel… meistens Spatzen, die sogar unter unserem Hausdach ihre Jungen bekommen…“Wir haben hier dieses Jahr ein kleines Geburtshaus“.
Es landet ein Feldsperling an der hängenden Futterstation, die mit Sonnenblumenkernen gefüllt ist. Er macht ordentlich Rabatz… Flattert wild mit den Flügeln, sodass man denken könnte, dass er sich kaum auf der Stange halten könne. Ich Menschenmutter bekomme sofort Muttergefühle und will diesem offensichtlich jungen Vogelkind irgendwie helfen. Vogelmama eilt aber gleich zur Hilfe. Der Kleine hat offensichtlich Hunger und Mama pickt in hohem Tempo nach den ersehnten Kernen und füttert ihren Wonneproppen…

… Ich bin ganz gerührt. Sehr idyllisch und liebevoll… Mir wird warm ums Herz. Der Kleine flattert wild weiter, trotzdem er auf der Stange sitzt und kassiert laufend weiter vorproportionierte Sonnenblumenkerne von Mama. So langsam irritiert mich die Szene doch etwas… Es wird voller und Mama beschließt das Weite zu suchen. So bleibt das Vogelkind alleine zurück und hört plötzlich auf mit dem Flügelschlagen und nascht wie selbstständig weiter… Ich muss genauer hingucken: Ist das das hilflose Vogelkind, das sich eben schön einen Kern nach dem anderen von Mama in den Schnabel schieben lassen hat?! – Ich muss laut lachen… Es beruhigt mich so ungemein, dass auch Vogelmütter durch Schluchzen, Betteln und Wehklagen ihrer Kinder sich nur zu oft selbst vergessen und manchmal erst zu spät merken ihr Kind einfach selber machen zu lassen…

… Und wieso ist es so schwer das passende Maß zu finden zwischen Mutter sorgt für ihre Kinder und Mutter sorgt für sich? – Zwischen Herausforderung abnehmen und alleine Machenlassen? – Der Wunsch nach Verbindung, nach Sicherheit?! Wenn ich zu sehr im Funktionieren gefangen bin, im Wegschaufeln von Hindernissen und Bequem machen für meine Kinder, dann steigt mein Wunsch an meine Freiheit rapide. Dann wünsche ich mir manchmal schnell und drastische Möglichkeiten, dass auch ich mich wieder sehe als Mensch, als Frau und nicht nur als Mutter. Gleichzeitig will ich auf keinen Fall den Kontakt zu meinen Kindern verlieren.

… Warum denke ich nur manchmal, dass der Kontakt zu meinen Kindern in erster Linie zu erlangen ist, indem ich Ihnen das Nest möglichst schick und ohne Unannehmlichkeiten einrichte?
… Warum scheint es meiner inneren Überzeugung zu entsprechen, dass ich als Mutter dafür da bin meinen Kindern die meisten Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen.
… Vielleicht brauche ich darauf in diesem Moment gar keine passende Antwort, sondern das Bewusstsein darüber und hin und wieder einen Impuls innezuhalten, wahrzunehmen wo ich mich gerade befinde, um bewusst zu wählen: WILL ich gerade funktionieren in meiner Mutterrolle oder ist mein eigenes Bedürfnis gerade ein anderes UND es hat genau in diesem Moment Priorität?

Und dann fliege ich der Spatzenmutter hinterher, lasse alles stehen und liegen und genieße für einen Moment meine Freiheit als ganzer Mensch.

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